Wer sich eingehender mit Fotografie beschäftigt, wird früher oder später auf den Begriff „hyperfokale Distanz“ stoßen. Allein der Name klingt für die meisten abschreckend und kompliziert. Dabei ist das Prinzip sehr einfach und in der Praxis äußerst hilfreich. Denn mit dieser Methode kann man die kontinuierliche Schärfe in der Landschaftsfotografie maximieren. So sind sowohl die Bereiche im Vordergrund als auch im Hintergrund kontinuierlich scharf. Sonst ist immer ein Teil des Bildes unscharf. Im folgenden Artikel erläutern wir, wie man den hyperfokalen Abstand in die Fotografie integrieren kann und was man dabei beachten muss.
Was ist die Hyperfokale Distanz
Der hyperfokale Abstand ergibt sich aus verschiedenen Faktoren. Eine einfache Beschreibung ist der Abstand zwischen der Kamera und dem Beginn der Schärfentiefe. In diesem Fall ist die Schärfentiefe der Bereich des Bildes, der scharf abgebildet wird. Der Grund dafür ist, dass bei der Scharfstellung des Motivs der Fokus immer auf einen bestimmten Bereich gelegt wird, während die übrigen Bereiche dazu neigen, unscharf zu erscheinen. Dies bedeutet, dass die hyperfokale Distanz der Bereich von der Kamera bis zum Beginn des Schärfebereichs ist, wenn der Fokus auf einen bestimmten Punkt eingestellt ist.
Wozu dient die Hyperfokale Distanz
In der Landschafts- oder Architekturfotografie ist die hyperfokale Distanz in der Regel besonders von Vorteil. Denn hier versucht man, alle Bildbereiche so scharf wie möglich abzubilden. Diese Methode ist die wichtigste Grundlage, für optimale Landschaftsfotografie Einstellungen.
Dies unterscheidet sich von der Porträtfotografie, bei der nur das Modell scharf und der Rest des Bildes weich und unscharf abgebildet werden soll. Durch die Methode der hyperfokalen Distanz kann die Scharfeinstellung viel gezielter eingesetzt werden. Ein besonders häufiger Fehler ist die Verwendung des Autofokus in der Landschaftsfotografie. Dies bedeutet einfach, dass ein beliebiger Bereich scharf gestellt wird, der Rest wird vernachlässigt. Die hyperfokale Entfernung wird verwendet, um sicherzustellen, dass der Schärfebereich eines Bildes so groß wie möglich ist, und die Blende spielt dabei eine wichtige Rolle.
Wenn die Blende weit geöffnet ist, sind nur bestimmte Punkte des Bildes scharf abgebildet. Bei geschlossener Blende hingegen erhöht sich die Schärfentiefe, wodurch größere Bereiche des Bildes scharf abgebildet werden. Auf dieser Grundlage könnte man die Blende einfach bis zum Maximum schließen und eine kontinuierliche Schärfe erreichen. Wird die Blende jedoch zu stark geschlossen, kommt es zu einer Beugungsunschärfe. Dies ist physikalisch bedingt und sorgt dafür, dass die Bilder ab einer bestimmten Blende an Schärfe verlieren. Außerdem wäre die Belichtungszeit viel länger und die Gefahr eines unscharfen Bildes größer. Denn erst wenn eine ausreichende Bildschärfe vorhanden ist, kann man wirklich gute Fotos machen.
Hyperfokale Distanz berechnen
Für die Berechnung der Hyperfokaldistanz werden einmal Brennweite, Blende und Objektiv benötigt. Zusätzlich zu den oben genannten Faktoren wird auch der tolerierbare Durchmesser des Zerstreuungskreisdurchmesser berücksichtigt. Dieser variiert je nach Sensorgröße. Um diesen Wert zu erhalten, ist es notwendig, die Sensorgröße zu kennen, dann wird die Diagonale durch 1500 geteilt. Das Resultat ist der maximal tolerierbare Zerstreuungskreisdurchmesser.
Einige Objektive haben eine Skala, die bereits alle notwendigen Informationen enthält. Dies erleichtert die Berechnung der Entfernung erheblich. Aber bevor man mit der Berechnung beginnt, ist es notwendig, das Prinzip der Berechnung zu verstehen. Nehmen wir an, man fotografiert eine Landschaft und im Vordergrund befindet sich ein Objekt, das zusammen mit dem Hintergrund möglichst scharf fotografiert werden muss. Dann muss man ungefähr abschätzen, wie weit die Kamera von dem gewünschten Objekt entfernt ist.
Geht man von einer Entfernung von 2 Metern aus, dann ist die hyperfokale Distanz genau 4 Meter von der Kamera entfernt. Zusammen mit diesem Wert und der verwendeten Brennweite kann man die notwendige Blende bestimmen, die eine ausreichende Schärfentiefe bietet, um den Bereich scharf zu halten.
Wenn also mindestens 2 der notwendigen Faktoren bekannt sind, können alle weiteren bestimmt werden.
Hyperfokale Distanz Formel
Jetzt, da alle notwendigen Faktoren bekannt sind, müssen sie in die richtige Form gebracht werden, um das Ergebnis zu erreichen. Wir erklären kurz die Formel und geben dann ein konkretes Beispiel.
Die genaue Formel würde in diesem Fall wie folgt lauten:
Hyperfokale Distanz = (Brennweite² / Blende*Zerstreuungskreisdurchmesser)+Brennweite
Angenommen wir fotografieren mit einer Nikon Kamera und einem 50 mm Objektiv, bei einer Blende von 22. Der Zerstreuungskreisdurchmesser beträgt in diesem Fall 0,02. Wenn wir die oben beschriebene Formel nutzen ergibt sich folgende Rechnung:
50² / (22*0,02)+50 =5,73 Meter
Das bedeutet, wenn wir in 5,73 Meter Entfernung von der Kamera scharfstellen, ist alles von der Hälfte der 5,73 Meter bis unendlich scharf. Mit den obigen Einstellungen wäre dies der maximale kontinuierliche Fokus, der erreicht werden kann.
Richtige Blende ermitteln
Wie die hyperfokale Distanz berechnet wird, ist mit der Formel relativ einfach zu verstehen. Nun könnte man davon ausgehen, dass bei einer Blende von 22 immer die höchste kontinuierliche Fokussierung erreicht wird. Leider ist dies nicht so einfach, da ab einer bestimmten Einstellung die Beugungsunschärfe auftritt.
Das bedeutet in der Praxis, dass man eigentlich schon die Entfernung zum Fokuspunkt bestimmen kann, weil z.B. an dieser Stelle ein interessantes Objekt ist. Es geht vielmehr darum, die richtige Blende zu finden, die einerseits die größte Schärfe bringt und andererseits die Beugungsunschärfe so klein wie möglich hält.
Hyperfokale Distanz Beispiel
Da das ganze Thema sehr mathematisch ist, ist es an der Zeit, die Theorie in die Praxis umzusetzen. Als Beispiel würden wir 3 verschiedene Bilder mit unterschiedlichen Schwerpunkten zeigen. Dadurch wird die Auswirkung dieser Methode deutlich.
Auf den Hintergrund fokussieren
Im ersten Beispiel konzentrieren wir uns auf das Haus an der Staumauer. Den Fokus auf das Hauptmotiv zu setzen, ist die häufigste Methode. Aber die Auswirkungen sind wie folgt. Das Haus ist zwar sehr scharf, aber was fehlt, ist der Stein, der als Vordergrund dient. Das Objekt ist sichtbar verschwommen, wie man am Detail erkennen kann. Das Ziel des Fotos ist es, sowohl das Haus als auch den Stein so scharf wie möglich zu zeigen.
Den Vordergrund als Fokuspunkt nutzen
Schauen wir uns nun das Gegenteil an und konzentrieren uns auf den Stein. Der Fokus wird auf den Vordergrund gesetzt um das Objekt gut abbilden zu können. Am Beispielbild ist zu erkennen, dass der Stein deutlich an Schärfe gewinnen konnte, das Haus jedoch stark an Schärfe verloren hat. Da der Staudamm ein wichtiger Bestandteil der Bildkomposition ist, wäre es schade, wenn dieser Bereich nicht die nötige Schärfe erhalten würde. Das Problem wird langsam sichtbar. Egal welchen Bereich man als Fokuspunkt verwendet, ein Teil des Motivs wird immer schlechter abgebildet.
Auf hyperfokale Distanz fokussieren
Um das Problem bestmöglich in den Griff zu bekommen, nutzen wir die hyperfokale Distanz. Das gesamte Motiv wurde bei 18 mm, Blende f/8 und einem ISO-Wert von 200 aufgenommen. Wenn wir unsere Formel nehmen, erhalten wir einen hyperfokalen Abstand von etwa 2 Metern. Wenn wir nun den Fokus genau auf den Punkt setzen, der etwa 2 Meter von der Kamera entfernt ist, ist alles von 1 Meter vor der Kamera bis unendlich scharf. Wenn man sich das Beispiel ansieht, wird deutlich, dass der Fokus vom Stein bis zum Kontrollhaus an der Staumauer reicht. Je besser die hyperfokale Distanz getroffen wird, desto besser das Ergebnis.
Hyperfokale Distanz Tabelle
Der einfachste Weg, sich einen Überblick über den richtigen Abstand zu verschaffen, ist, eine Tabelle mit sich zu führen. Gewöhnlich wird bei ähnlichen Einstellungen sehr oft eine bestimmte Brennweite verwendet. Deshalb genügt ein kurzer Blick auf die Tabelle, um sich den richtigen Abstand zu merken. Bitte beachte, dass es keine einheitliche Tabelle gibt. Dafür sind die Sensoren und Kameras viel zu unterschiedlich. Wir haben die wichtigsten Werte hier zusammengefasst:
Vollformat:
16mm | 28mm | 35mm | 50mm | 85mm | 120mm | |
f/1.4 | 6.1m | 18.7m | 29.2m | 60m | 172m | 343m |
f/2 | 4.3m | 13.1m | 20.5m | 41.7m | 121m | 240m |
f/2.8 | 3.1m | 9.4m | 14.6m | 29.8m | 86m | 172m |
f/4 | 2.1m | 6.6m | 10.2m | 20.9m | 60m | 129m |
f/5.6 | 1.5m | 4.7m | 7.3m | 14.9m | 43.1 | 86m |
f/8 | 1.1m | 3.3m | 5.1m | 10.5m | 30.2m | 60m |
f/11 | 0.8m | 2.4m | 3.7m | 7.6m | 22.0m | 43.8m |
f/16 | 0.5m | 1.7m | 2.6m | 5.3m | 15.1m | 30.1m |
f/22 | 0.4m | 1.2m | 1.9m | 3.8m | 11.0m | 21.9m |
f/32 | 0.3m | 0.8m | 1.3m | 2.7m | 7.6m | 15.1m |
APS-C (Crop Faktor 1.5):
16mm | 28mm | 35mm | 50mm | 85mm | 120mm | |
f/1.4 | 9.2m | 28.0m | 43.8m | 89m | 258m | 514m |
f/2 | 6.4m | 19.6m | 30.7m | 63m | 181m | 360m |
f/2.8 | 4.6m | 14.0m | 21.9m | 44.7m | 129m | 257m |
f/4 | 3.2m | 9.8m | 14.3m | 31.3m | 90m | 180m |
f/5.6 | 2.3m | 7.0m | 11.0m | 22.4m | 65m | 129m |
f/8 | 1.6m | 4.9m | 7.7m | 15.7m | 45.2m | 90m |
f/11 | 1.2m | 3.6m | 5.6m | 11.4m | 32.9m | 66m |
f/16 | 0.8m | 2.5m | 3.9m | 7.9m | 22.7m | 45.1m |
f/22 | 0.6m | 1.8m | 2.8m | 5.7m | 16.5m | 32.8m |
f/32 | 0.4m | 1.3m | 1.9m | 4.0m | 11.4m | 22.6m |
Objektive mit Entfernungsskala
Wer keine Tabelle nutzen möchte, kann auch auf ein manuelles Objektiv zurückgreifen. Diese besitzen meist eine integrierte Skala, die deutlich mehr Informationen liefert, als gängige Objektive. Ein sehr bekannter Dritthersteller ist Samyang. Die Objektive sind sehr billig und haben den nötigen Maßstab zum Fokussieren. Die Samyang Objektive sind meist Festbrennweiten ohne Autofokus, so dass die Anzeige notwendig ist. Aber der fehlende Autofokus schlägt sich sehr stark im Preis nieder. Allerdings bekommt man für sehr wenig Geld ein gutes Objektiv. Außerdem ist die integrierte Skala auch beim fotografieren bei Nacht sehr hilfreich, da der Fokus auf unendlich ebenfalls eingezeichnet ist.
Was muss bei der hyperfokalen Distanz beachtet werden
Angesichts der Komplexität dieses Themas sollten einige wichtige Aspekte nicht vernachlässigt werden. Obwohl die hyperfokale Distanz ein sehr wichtiges und hilfreiches Instrument ist, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen, werden viele Dinge missverstanden, wenn nicht gar falsch gemacht.
Beugungsunschärfe
Obwohl dieser Punkt kurz angesprochen wurde, sollte er auf jeden Fall berücksichtigt werden. Das Ziel dieser Methodik ist es, eine bestimmte Bildqualität zu erreichen. Durch eine geschlossene Blende tritt dieser Effekt entsprechend ein. Ein sehr üblicher Ansatz besteht darin, die Blende einfach bis zum Maximum zu schließen. Auf diese Weise erhoffen sich viele direkt das beste Ergebnis. Es ist auch viel einfacher, die Blende zu schließen, als Formeln zu berechnen. Das Problem entsteht, wenn die Beugungsunschärfe auftritt. Dies ist eine physikalische Begebenheit, die auftritt, wenn die Blende zu stark geschlossen wird.
Obwohl die Bilder eine große Schärfentiefe haben, ist die grundlegende Bildqualität wesentlich schlechter als bei etwas niedrigeren Blendenstufen. Wer mehr Wert auf Präzision legt und die Bilder gezielt optimieren will, kommt nicht drumherum, die passende Blende zu berechnen. Einerseits wird dadurch die notwendige Schärfentiefe und andererseits die geeignete Bildqualität erreicht.
Ungefähre Richtlinie
Wenn man sich verschiedene Rechner und Formeln ansehen, wird man feststellen, dass die Werte immer leicht unterschiedlich sind. Dafür sind zum einen die unterschiedlichen Sensorgrößen verantwortlich, zum anderen ist die hyperfokale Distanz in der Praxis mit einer Variablen zu betrachten. Selbst wenn man den Wert bis ins kleinste Detail berechnet, wird man in der Praxis den Fokuspunkt kaum millimetergenau treffen. Zudem weicht die hyperfokale Distanz in der Regel minimal von den Herstellerangaben ab. Deshalb sollte man die Berechnung immer mit Vorsicht behandeln und in der Praxis schauen, wann der gewünschte Effekt eintritt. Die Berechnung dient vor allem der Orientierung.
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