Skip to main content

Es gibt viele Phänomene in der Fotografie, die jeder schon einmal gesehen hat. Stürzende Linien gehören dazu. Auch wenn dir der Begriff nichts sagt, jeder hat sie schon einmal gesehen. Besonders wenn Gebäude auf den Fotos zu sehen sind, tritt der Effekt der Stürzenden Linien fast immer auf. Dabei handelt es sich um das Phänomen, dass vertikale Linien, die eigentlich gerade und parallel zueinander verlaufen, auf dem Bild plötzlich nicht mehr parallel sind und in eine Richtung zusammenlaufen. Es gibt einige Methoden, diesen Effekt zu korrigieren aber auch zu vermeiden.

Stürzende_Linien_Fotografie_Perspektive

Entstehung von stürzenden Linien

Stürzende Linien können viele verschiedene Ursachen haben. Besonders ausgeprägt ist dieses Phänomen bei Weitwinkelobjektiven. Hier sind stürzende Linien vorprogrammiert, sobald die Blickrichtung nach oben oder unten gerichtet ist. Dies geschieht meist dann, wenn das zu fotografierende Objekt nicht ganz ins Bild passt. Das ist oft in engen Gassen der Fall oder wenn nicht genügend Platz vorhanden ist, um das Foto aus größerer Entfernung zu schießen. Kommt dann noch ein Weitwinkelobjektiv hinzu, ist der Effekt umso stärker. Die Perspektive, aus der fotografiert wird, ist also entscheidend für die Entstehung dieses Phänomens. Auf dem Foto erscheinen die Gebäude dann leicht geneigt oder schief.

Ursachen von stürzenden Linien

Entstehung und Ursachen des Phänomens gehen oft Hand in Hand, da es mehrere Ursachen gibt, die einzeln oder in Kombination auftreten können. Eine davon ist ein Objektiv mit kurzer Brennweite. Dieses kann in bestimmten Situationen für stürzende Linien verantwortlich sein. Ein weiterer Aspekt, der den Effekt hervorrufen kann, ist der Standpunkt. Je nachdem, wie der Standpunkt des Fotografen in Bezug auf das Objekt ist, kann der Effekt auftreten. 

Eine häufige Ursache ist auch die Position der Kamera und in welche Richtung sie ausgerichtet ist. Dies kann schnell dazu führen, dass gerade Linien im Bild zusammenlaufen.

Stürzende Linien korrigieren

Stürzende Linien fallen vielen erst auf, wenn die Bilder groß auf dem Bildschirm zu sehen sind. Dann ist das Foto bereits aufgenommen und der Effekt ist da. In vielen Situationen können stürzende Linien in der Nachbearbeitung korrigiert werden. Dazu gibt es verschiedene Methoden.

Korrektur mit der Software

Die meisten verwenden einen RAW-Konverter, um die stürzenden Linien zu korrigieren. Die bekanntesten sind sicherlich Lightroom* oder auch Camera Raw. Die Korrektur verläuft in beiden Programmen nahezu identisch. Kein Wunder, schließlich stammen beide Programme vom selben Hersteller. Das Bild muss lediglich in das Programm geladen werden. Anschließend befindet sich im Bereich “Bearbeiten” der Reiter “Geometrie”. Hier gibt es mehrere automatische Optionen zur Korrektur des Effekts. Meist ist die Voreinstellung “Nur vertikale Korrektur” die beste Wahl. Hier werden die vertikalen Linien parallel ausgerichtet. Ein Klick genügt. 

Alternativ gibt es auch das Hilfslinien-Werkzeug. Dabei werden zwei Hilfslinien entlang der stürzenden Linien gezeichnet. Diese dienen als Referenz für die anschließende Korrektur, die ebenfalls automatisch erfolgt.

Manuelle Korrektur

Die manuelle Korrektur ist sicherlich etwas zeitaufwendiger. Auch hier muss das Bild in ein Bildbearbeitungsprogramm geladen werden. Anschließend muss ein Hilfslinienraster über das Bild gelegt werden. In Photoshop genügt es, die Hilfslinien zu aktivieren und an der richtigen Stelle zu positionieren. Dies kann je nach Software unterschiedlich sein. Alternativ kann auch ein Karomuster über das Bild gelegt werden. 

Anschließend muss das Bild durch Verzerren am Raster ausgerichtet und die Linien begradigt werden. Hier ist jedoch Vorsicht geboten. Denn bei falscher Korrektur kann das Bild verzerrt aussehen.

Korrektur in der Kamera

Eine weitere Möglichkeit, stürzende Linien zu korrigieren, besteht bereits beim Fotografieren. Denn während das Motiv durch den Sucher betrachtet wird, sind die stürzenden Linien bereits sichtbar. Um diese zu korrigieren, muss die Kamera sowohl vertikal als auch horizontal in einer geraden Linie zum Objekt gehalten werden. So können stürzende Linien bereits beim Fotografieren korrigiert werden.

Grenzen der Korrektur

Die verschiedenen Programme bieten zwar die Möglichkeit, stürzende Linien zu korrigieren, aber in einigen Fällen hat auch dies seine Grenzen. Die Perspektive kann in einigen Situationen so stark sein, dass die Korrektur zu einem Ergebnis führt, das nicht der Realität entspricht. Dies ist besonders häufig bei extrem hohen Gebäuden der Fall, wie z.B. Wolkenkratzern. Hier sollte die Korrektur nur minimal sein. Es stellt sich auch die Frage, ob jedes Motiv korrigiert werden soll oder ob der Effekt Teil des Motivs ist.

Stürzende_Linien_Fotografie_01
Stürzende_Linien_Fotografie_Korrigiert

Stürzende Linien vermeiden

Es ist oft sehr hilfreich, die Möglichkeit zu haben, das Bild im Nachhinein anzupassen bzw. zu korrigieren. Denn so kann man im Zweifelsfall immer sicher sein, das Bild retten zu können. Um sich den Aufwand bei der Nachbearbeitung zu ersparen, ist es aber durchaus sinnvoll, bereits bei der Aufnahme auf stürzende Linien zu achten und diese zu vermeiden.

Tilt-Shift-Objektiv nutzen

Tilt-Shift-Objektive sind eher exotisch. Dabei hat ein solches Objektiv die Möglichkeit parallel zum Sensor nach oben verschoben zu werden. Das hat einerseits den Vorteil, dass dadurch eine deutliche Schärfentiefe im Bild entsteht, aber auch, dass stürzenden Linien entgegengewirkt wird. 

Dabei muss die Position der Kamera nicht verändert werden. Das Objektiv wird einfach nach oben geschoben, um mehr vom Motiv zu erfassen. Dadurch muss die Kamera nicht nach oben oder unten geneigt werden. Dadurch entsteht nicht der klassische Effekt der stürzenden Linien. Voraussetzung ist lediglich ein geeignetes Objektiv.

In der Nachbearbeitung korrigieren

Stürzende Linien im fertigen Bild können auch durch Bildbearbeitung vermieden werden. Moderne Bildbearbeitungsprogramme erlauben es, den Effekt mit wenigen Klicks zu korrigieren. Der einzige Nachteil ist, dass extreme Fälle nicht korrigiert werden können, ohne dass das Ergebnis unnatürlich aussieht.

Passendes Objektiv nutzen

Das Objektiv kann ein entscheidender Faktor sein, wenn es um stürzende Linien geht: Obwohl auch andere Faktoren eine Rolle spielen, ist der Brennweitenbereich des verwendeten Objektivs nicht unerheblich. Ultraweitwinkelobjektive sind deutlich empfindlicher, wenn es darum geht, stürzende Linien zu erzeugen. In diesem Brennweitenbereich wirken sich bereits geringe Veränderungen der Kameraposition stark auf das Bild aus. Kleinere Brennweiten sind deutlich weniger anfällig für diesen Effekt.

Kamera richtig ausrichten

Die Kameraposition und vor allem die Kameraausrichtung spielen bei diesem Effekt eine wichtige Rolle. Sobald die Kamera relativ tief steht und dann nach oben gekippt wird, ist es relativ sicher, dass die geraden Linien auf dem Bild zu fluchten beginnen. Es ist daher ratsam, die Kamera immer gerade zum Horizont zu halten und nicht nach oben oder unten zu neigen, um Fluchtpunkte zu vermeiden.

Architektur als Orientierung

Da Gebäude in der Regel vertikale Linien aufweisen, ist es ratsam, diese als Bezugspunkte zu verwenden. Beim Fotografieren ist es daher sinnvoll, die vertikalen Linien im Auge zu behalten und die Kamera so auszurichten, dass sie gerade verläuft. Dies ist eine hilfreiche Orientierung, um den Effekt beim Fotografieren zu vermeiden. Stürzende Linien werden nämlich zuerst an solchen Objekten sichtbar.

Sind stürzende Linien ein Objektivfehler?

In zahlreichen Diskussionen wird häufig die Neigung von Linien, insbesondere stürzende Linien, als ein Indikator für die Qualität eines Objektivs betrachtet. Dies ist jedoch oft eine fehlerhafte Einschätzung, da stürzende Linien lediglich durch die Perspektive der Kamera entstehen. Obwohl einige Objektive diesen Effekt verstärken können, liegt dies nicht an der Qualität der Linse, sondern vielmehr an den physikalischen Gesetzen.

Es ist daher wichtig zu verstehen, dass das Auftreten dieses Effekts nicht durch einen Wechsel zu einem teureren Objektiv oder einer anderen Kamera behoben werden kann. Vielmehr sind es die fotografischen Regeln, die beachtet werden müssen, um den Effekt zu minimieren.

Stürzende_Linien_Fotografie_Korrigiert_05

Stürzende Linien als Gestaltungsmittel nutzen

Der Effekt ist in manchen Fällen unschön und sollte korrigiert werden. Andernfalls können die Aufnahmen sehr schnell unprofessionell wirken. Es gibt aber auch Situationen, wo stürzende Linien bewusst als Gestaltungsmittel eingesetzt werden können. Dies hat den Vorteil, dass spannende Aufnahmen entstehen und keine Nachbearbeitung erforderlich ist.

Perspektive betonen durch stürzende Linien

Die Ausrichtung der Linien im Bild kann gezielt zur Betonung der Perspektive eingesetzt werden. Dies ist z.B. sinnvoll, um die Größe eines Objektes hervorzuheben. Das können Gebäude sein, aber auch Bäume, die eine bestimmte Größe haben und diese noch einmal unterstrichen werden soll. So kann sich der Betrachter viel besser in die Perspektive hineinversetzen und den Eindruck nachvollziehen.

Bildtiefe schaffen

Ein weiterer Vorteil stürzender Linien ist, dass sie in vielen Situationen eine gewisse Tiefe im Bild erzeugen. Durch die Ausrichtung der vertikalen Linien wird der Betrachter quasi in das Bild hineingezogen. Dadurch wirken die Bilder spannender und erhalten eine zusätzliche Dimension. Dies kann ganz gezielt als Gestaltungselement in der Fotografie eingesetzt werden, um das Motiv zu verstärken.

Stürzende Linien: Fazit

Stürzende Linien sind ein Thema, das jeden Fotografen schon einmal beschäftigt hat. Denn sobald gerade Linien im Motiv auftauchen, spielt die Position der Kamera eine wesentliche Rolle. Ist die Position nur leicht geneigt, beginnen die senkrechten Linien direkt zu fluchten. Tritt der Effekt unbeabsichtigt auf, wirkt das Bild nicht mehr qualitativ hochwertig. Daher ist es wichtig zu verstehen, was zu diesem Effekt führt und wie er vermieden werden kann. 

Ein Weitwinkelobjektiv kann relativ schnell zu diesem Effekt führen. Das hat in diesem Fall keine qualitativen Gründe, sondern entspricht physikalischen Gesetzen. In vielen Situationen lässt sich der erhöhte Effekt sogar gestalterisch nutzen, um Dynamik in die Bilder zu bringen.